Für mich waren die letzten paar Tage China-Tage. Am vergangenen Freitag und Samstag konnte ich am Hamburg Summit teilnehmen, dem wohl prominentesten öffentlichen deutsch-chinesischen Forum, an dem in diesem Jahr sogar Ministerpräsident Li Keqiang und Außenminister Steinmeier teilnahmen. Am Montag beteiligte ich mich bei der Böllstiftung in Berlin an der Vorstellung eines neuen Buches des chinesischen Politogen Gu (Xuewu Gu: Die Große Mauer in den Köpfen). Bei beiden Gelegenheiten diskutierte ich zum Thema deutsch-chinesische Verständigung bzw. „wie nehmen wir uns in dieser Beziehung eigentlich gegenseitig wahr“?
China trifft heute in Deutschland auf deutlich weniger positive Resonanz, als das vor 10 Jahren der Fall war. Immerhin genießt das Land in Deutschland mehr Ansehen als unser Nachbar Russland und bei der jüngeren Generation wird China höher geschätzt als im Durchschnitt. Deutschland wiederum genießt in China sehr hohe Wertschätzung. Der chinesischen Seite mach dieses ungleiche Verhältnis offenkundig erhebliches Unbehagen. Fast wie ein Stereotyp erhebt nach meiner Erfahrung in solchen Diskussionen immer mindestens ein Vertreter der chinesischen Seite den Vorwurf, es läge an den verzerrenden deutschen Medien, dass China nicht viel mehr geschätzt werde. Nun bin ich nicht der Meinung, dass die Medien perfekt seien oder je sein könnten, aber es erscheint mir doch als billige Ausrede, so zu tun, als lägen die Grundaussagen eines Bildes ausschließlich an dem, der es gemalt hat.
Zum Teil findet sich meines Erachtens die Erklärung für das China Bild in Deutschland allerdings in der Selbstdarstellung Chinas. Beim Hamburg Summit äußerte ein chinesischer Professor, auf die Demokratiebewegung in Hongkong angesprochen, er verstehe die ganze Aufregung nicht. In Hongkong habe es nie Demokratie gegeben. Die Demonstranten seien „Babies“ und es sei regelrecht gefährlich wenn man solchen Demokratie zugestehe. Ein anderer chinesischer Diskussionsteilnehmer, der in Deutschland lebt, ergänzte aus dem Publikum unter viel Beifall von chinesischer Seite, ihn erinnerten die Teilnehmer der Demokratiebewegung in Hongkong an Hitlers Horden in Deutschland.
Ich vermute mal, dass beide Herren, ganz ohne dass Polemik etwas hinzufügen müsste, unter den anwesenden Deutschen wenig Verständnis und Sympathie gewonnen haben. Ihnen gegenüber zeigte sich bei der Diskussion in Berlin, veranstaltet von Böll Stiftung und Körber Stiftung, der chinesischer Botschafter Shi Mingde als gewinnender Vertreter seines Landes, der sehr genau wusste, wie er ein deutsches Publikum ansprechen kann.
Eines übrigens sollten wir Deutsche uns hinter die Ohren schreiben: Gebildete Chinesen wissen besser über Deutschland und Europa Bescheid wie umgekehrt Deutsche über China. China hat davon profitiert sich mit vielen europäischen Traditionen auseinanderzusetzen. Uns Deutschen würde manch genauerer Blick nach China auch nicht schaden.