Die Situation an der weißrussischen Grenze und die aktuelle Gaskrise beschäftigen die Staats- und Regierungschefs der EU bei ihrem Gipfeltreffen heute und morgen in Brüssel.Reinhard Bütikofer, außenpolitischer Koordinator der Grüne/EFA Fraktion im Europäischen Parlament, meint dazu:
“Die Staats- und Regierungschefs sind auf ihrem Gipfel mit zwei Erpressungsversuchen gegen die EU konfrontiert, die sie entschieden zurückweisen müssen.
Beide Erpressungsversuche kommen aus dem Osten jenseits der EU, einer aus Weißrussland, einer aus Russland. Der weißrussische Diktator Lukaschenka intensiviert seine aggressive Menschenhandelspolitik, um Polen, Litauen, Lettland und die gesamte EU unter Druck zu setzen. Die EU muss entschlossen und geschlossen auftreten, die Sanktionen verschärfen und dafür sorgen, dass europäische Fluggesellschaften nicht länger Lukaschenkas Politik unterstützen, indem sie Charterverträge mit der belarussischen Fluggesellschaft Belavia abschließen. Auch sollten Fluggesellschaften, die Lukaschenkas Menschenhandel aktiv unterstützen, vor dem Verlust von Landerechten in der EU gewarnt werden. Positiv wäre es auch, wenn alle drei EU-Mitgliedstaaten, die eine gemeinsame Grenze mit Weißrussland haben, entlang dieser Grenze mit Frontex zusammenarbeiten würden und bereit wären, das notwendige Maß an Transparenz beim Grenzregime zu schaffen. Illegale Push-Backs sind inakzeptabel.
Der zweite Erpressungsversuch gegen die EU kommt aus Moskau, wo Präsident Putin versucht, die aktuelle Gaskrise zu nutzen, um die EU-Behörden zu zwingen, dem Nord Stream 2-Projekt eine Ausnahme von der strengen Anwendung des europäischen Energierechts zu gewähren. Nord Stream 2 ist seit langem ein Streitpunkt innerhalb der EU. Es handelt sich um ein Projekt, das den erklärten Zielen der EU-Energiepolitik und dem Grundsatz der Energiesolidarität zwischen den Mitgliedsstaaten zuwiderläuft. Die europäischen Staats- und Regierungschefs dürfen nicht zulassen, dass Putins Erpressung Erfolg hat. Die Kapazität der bestehenden Pipelines wäre mehr als ausreichend, um mehr russisches Gas in die EU-Länder zu importieren. Es ist bezeichnend, dass Gazprom lieber eine Strafe zahlt, als die vertraglich festgelegte Transportquote durch die Ukraine zu nutzen. Die europäische Einigkeit gegen Putin muss Vorrang haben. Die Last liegt vor allem auf Berlin: In Deutschland muss sich die Loyalität gegenüber der EU durchsetzen.”
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