Als einer der bedeutendsten Finanzplätze der Welt ist die Schweiz besonders von klimarelevanten Risiken für Investoren betroffen. Das macht eine kürzlich veröffentlichte Studie des Schweizer Bundesamtes für Umwelt deutlich. Laut dieser finanziert der Schweizer Aktienmarkt heute Emissionen von rund 56,3 Millionen Tonnen CO2 jährlich. Zudem kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass jeder Versicherte durch die Investitionen seiner Pensionskasse für noch einmal so viele Emissionen verantwortlich ist, wie er selbst – realwirtschaftlich sozusagen – ausstösst, nämlich 6,4 Tonnen CO2 pro Jahr. Das ist nicht nur klimapolitisch sondern auch ökonomisch riskant. Verschärfen die Staaten, wie nach dem Pariser Abkommen zu erwarten ist, Klimaschutzmaßnahmen, unter anderem den Handel mit Emissionszertifikaten, kommen die wirtschaftlichen Aktivitäten dieser kohlenstoffintensiven Investitionen unter Druck. Aktien CO2-intensiver Unternehmen würden sinken, der Wert des Portfolios vieler Investoren, u.a. Rentenkassen sinken. Eine Rentenkürzung, die zwischen drei und 20 Prozent betragen könnte, wie die Autoren der Studie vorrechnen. Für den grünen Zürcher Nationalrat Bastien Girod ist die Sache klar: “Nicht der Klimawandel, sondern falsche Investitionen in Erdöl gefährden Renditen und damit unsere Renten.”
Jetzt müssten Konsequenzen aus den Ergebnissen dieser Studie gezogen werden und Investoren diese Risiken (und Anreize) ernst nehmen, sagte Projektleiterin Silvia Ruprecht der “Zentralschweiz am Sonntag”. Und die ersten Pensionskassen haben schon reagiert. Unter anderem unterzeichnete die Stiftung Nest den Montréal Carbon Pledge und verpflichtete sich damit, jedes Jahr den CO2-Fußabdruck ihres Portfolios zu veröffentlichen. Dem Montrealer Carbon Pledge haben sich seit September 2014 insgesamt 120 Investoren (mit einem Gesamtvermögen von mehr als 1 Billion USD) angeschlossen. Ebenso prüft Publica, die Pensionskasse des Bundes, Schritte in Richtung einer klimaverträglichen Anlagepolitik. Allerdings besteht nicht für alle Pensionskassen das gleiche Risiko für ihre Anlagen, denn es kommt auch auf die Größe der Kasse an und darauf, wie das Portfolio insgesamt aussieht, also ob zum Ausgleich in erneuerbare Energien investiert wird. Einen Vorstoß im Nationalrat zu einer verpflichtenden Umsetzung der Empfehlungen der Studie reichte Bastien Girod bereits im Dezember ein. Er möchte die Schweiz fit machen, im Kampf gegen die “Kohlenstoffblase”.
Dass der Klimawandel verpflichtet, hat die Finanzwelt bereits erkannt. Im Dezember kündigte der Finanzstabilitätsrat, eine internationale Organisation, die das globale Finanzsystem überwacht und Empfehlungen ausspricht, die Bildung einer Task-Force für Klimabezogene Finanzrisiken an. Damit möchte die Gruppe, in der unter anderem die G-20-Staaten vertreten sind, einen Rahmen schaffen, in dem Unternehmen die Öffentlichkeit und Investoren über klimarelevante Risiken ihrer Geschäftstätigkeit informieren.