BDI diskutiert Rohstoffpolitik

Zum dritten Mal nach 2005 und 2007 lud der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zu einem Rohstoffkongress nach Berlin ein. Als Referenten und Diskussionsteilnehmer waren Pascal Lamy, General-Direktor der WTO, die FDP Minister Brüderle und Niebel, BDI Präsident Prof. Keitel und der Vorsitzende des Rohstoffausschusses, Herr Grillo, sowie Vertreter von Weltbank, EU-Kommission, US Chamber of Commerce, und, damit immerhin ein bisschen Grün vertreten ist, Klaus Töpfer eingeladen. Es wurden zu Beginn auch Abgeordnete begrüßt, aber tatsächlich war ich der einzige Abgeordnete, der sich als Zuhörer einfand.

Durch die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit hatte das Thema Rohstoffpolitik eine besondere Brisanz erhalten; Chinas Vorgehen in Sachen Seltene Erden diente sozusagen als Beleg für die Dringlichkeit des Themas. Dabei waren gegenüber China durchaus unterschiedliche Töne zu hören. Prof. Keitel sprach eher versöhnlich und stellte die Frage, ob Deutschland wesentlich anders handeln würde, wenn es an der Stelle Chinas wäre. Andere Referenten nahmen eine konfrontativere Position ein. Für diejenigen, die so dachten, war der Beitrag von Pascal Lamy wahrscheinlich eine Enttäuschung. Denn er verhielt sich nicht nur, seinem Amt gemäß, neutral, sondern ließ durchaus auch erkennen, dass die WTO keineswegs ein sicheres Instrument zur Durchsetzung eigener Ansprüche auf Zugang zu chinesischen Rohstoffen und insbesondere seltenen Erden sei.

Insgesamt stand bei dem ganzen Kongress eindeutlich der Zugang zu Rohstoffen und vor allem seltenen Erden im Vordergrund. Recycling wurde als Thema durchaus erwähnt, Substitution kam kaum vor, und der ganze Bereich Rohstoffeffizienz fiel einfach flach.

Minister Niebel “glänzte” mit der Botschaft, dass in Zukunft die Verfolgung Deutscher Rohstoffinteressen wesentlicher Teil der Entwicklungszusammenarbeit sein werde.

Interessant war der Unterschied in den Akzenten, die deutsche Industrievertreter setzten, gegenüber der Position von Gary Litman von der US Chamber of Commerce. War auf deutscher Seite der Ruf der Industrie nach den Staat ganz überwältigend, und zwar vor wie nach Minister Brüderles Plädoyer für eine begrenzte Rolle der Politik in Rohstofffragen, so wehrte sich der US-Vertreter sehr deutlich gegen einen reflexhaften Appell der Wirtschaft an staatliches Handeln. Er provozierte mit der Frage, ob man wirklich wolle, dass China seine Exportbeschränkungen für seltene Erden revidiere, diese Elemente also wieder zu den früheren Dumpingpreisen zur Verfügung stelle und ob man dann gegebenenfalls ein Anti-Dumpingverfahren gegen China einleiten wolle. Er wies auch darauf hin, dass es ohne die Lösung des Problems der drastischen Umweltbelastungen durch den Abbau seltener Erden immer wieder zu Monopolbildungen durch diejenigen kommen werde, die bereit seien, solche Umweltrisiken einfach zu ignorieren. Klaus Töpfer ließ es sich nicht nehmen, der versammelten Industriegemeinde freundlich Ätsch zu sagen: Hatte ich euch nicht immer gepredigt, dass man beim internationalen Handel und bei der WTO Umweltgesichtspunkte integrieren muss?

Es war bei der Veranstaltung viel von notwendiger Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Politik und Wissenschaft die Rede. Dass auch die kritische Öffentlichkeit und zum Beispiel Umweltverbände einbezogen werden müssen, das kam leider nicht ein einziges Mal vor. Ich würde sagen: Die deutsche Industrie sieht sich inzwischen so weit, anders als es lange Zeit der Fall war, eine bewusste Industriepolitik nicht nur zu dulden, sondern sogar zu fordern. Welche Rolle dabei aber die Einbeziehung und der Interessenausgleich mit ökologischen Anliegen spielen muss, das ist noch eine unterbelichtete Frage. Wenn das mal dämmert, dann verschiebt sich vielleicht auch die Aufmerksamkeit ein wenig in Richtung auf Energieeffizienzdenken.

Übrigens hat die Heinrich-Böll-Stiftung zum Thema Ressourcenpolitik ein Dossier mit einer Reihe von Artikeln. Wer dafür Interesse hat findet es hier.

Ein Special zur deutschen Rohstoffstrategie gibt es auch.


Foto: Dried Clay Texture von Mr. Cody, lizensiert unter Attribution-ShareAlike 2.0 Generic